Es war Mitte Oktober 2014, der Freitag vor der Studienfahrt. In meinem Fach im Lehrerzimmer lag ein DIN-A4-Umschlag; schweres, teures Papier. »Sehr geehrter Herr Ostermann, wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie zu den Preisträgern des Wettbewerbs ›Deutscher Lehrerpreis – Unterricht innovativ‹ 2014 gehören. Herzlichen Glückwunsch!«
Für solche Situationen gibt es keine Vorbereitung, nirgends, und so habe ich mich erst einmal neben mir selbst stehend Richtung Sekretariat und Direktorat aufgemacht.
Seither ist vieles passiert. Der Preisverleihungs-Akt, Selfies mit Katja Riemann, viele ehrliche und tief beeindruckende Glückwünsche aus dem Kollegium, von Eltern, Schülern, aus der Politik – und nicht zuletzt ein veritabler Medienhype. Ich geb’s ja zu: Ich hab das durchaus genossen. Weil es ein großartiges Gefühl ist, bestätigt zu bekommen, dass ich meine Aufgabe, meinen Beruf (und damit ein stückweit auch meine Berufung) gut mache. Aber auch, weil ich von Natur aus neugierig bin, und der Einblick in die Welt vom NDR Fernsehen, Radio Hannover, HAZ, Neuer Presse und Kollegen zweifellos spannend ist. Und mindestens ebenso sehr – last but not least –, weil ich durch diese Preisverleihung beeindruckende Kolleginnen und Kollegen kennen lernen durfte.
Eine Frage, ein Kommentar kommt allerdings immer wieder: der »beste Lehrer Deutschlands«.
— Nicht Euer Ernst, oder?
Erstens bin ich ohnehin nur einer von 15 Preisträgern bundesweit. Zwar bin ich der einzige Niedersachse in diesem Durchgang, aber dass ich besser bin als die übrigen 67.526 Lehrkräfte [¹], kann ich mir nicht vorstellen. Zumal ich zweitens aus eigener Erfahrung weiß, dass ich Lehrkräfte hatte, welche eine solche Ehrung um ein Vielfaches mehr verdient haben als ich. Hätte ich nach dem Abitur eine Lehrerin oder einen Lehrer nominieren müssen – die Entscheidung wäre am Überangebot gescheitert. Herr de W., Herr B., Herr und Frau M., sicherlich auch Herr H. und Frau O.-J., um nur mal jene zu nennen, die mir spontan einfallen. All die soll ich in wenigen Jahren nicht nur eingeholt, sondern überholt haben?
In diesem Sinne: Doe maar gewoon, dan doe je al gek genoeg [²]. Ich hab einen Preis gewonnen, über den ich mich riesig freue, und dieser Preis sagt zweierlei aus: Ich mache meine Arbeit gut. Und ich habe großartige Schüler, die sehr überzeugende Nominierungen schreiben können.
[¹] Im Schuljahr 2012/13 arbeiteten in Niedersachsen 67.527 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen; Quelle: http://www.mk.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=1839&article_id=6344&_psmand=8
[²] Niederländisches Sprichwort. Etwa: »Verhalt dich normal, das ist schon verrückt genug.«